Wieder gut schlafen – was hilft gegen anhaltende Schlafstörungen?
Unser Schlaf hat große Bedeutung für unsere Lebensqualität, Leistungsfähigkeit und auch Gesundheit.
Und gleichzeitig sind Schlafstörungen sehr weit verbreitet – Umfragen ergeben, dass ca. 25% der Erwachsenen unter Schlafstörungen leiden und bei ca. 10% der Schlaf dauerhaft gestört und damit nicht erholsam ist.
Lesen Sie in diesem Artikel, wie Sie Ihren Schlaf wieder verbessern können.
Inhaltsübersicht:
Schlafhygiene – 10 goldene Regeln für guten Schlaf
Exkurs: Abends zur Ruhe kommen
Über die Grundlagen für guten Schlaf und die Möglichkeiten der Behandlung von Schlafstörungen habe ich bereits in einem anderen Blogbeitrag ausführlich berichtet.
Einige Punkte, die über die üblichen Tipps zur Schlafhygiene und die medikamentöse Behandlung hinausgehen, möchte ich hier jedoch noch einmal herausgreifen und vertiefen.
Denn bei vielen Patienten reichen die verhaltenstherapeutischen Maßnahmen und die frei verkäuflichen Präparate nicht aus, um dauerhaft wieder erholsam zu schlafen.
In diesen Fällen lohnt es sich, nach tiefer liegenden Gründen zu suchen und beispielsweise unbewusste psychisch-seelische Ursachen der Schlafprobleme zu behandeln.
Dieser Artikel bezieht sich dabei auf sogenannte primäre Schlafstörungen, nicht auf solche, die Folge einer anderen Erkrankung sind!
Die Bedeutung von Schlaf und Schlafstörungen
Ein guter Schlaf ist essentiell für unsere geistige und körperliche Erholung, aber beispielsweise auch für die Speicherung von Lernprozessen, die Konsolidierung des Gedächtnisses sowie zelluläre Prozesse, die der Zellerneuerung und Heilung dienen.
Ein gestörter Schlaf schränkt die Lebensqualität und Leistungsfähigkeit erheblich ein und kann zu einer Vielzahl von physischen und psychischen Erkrankungen führen.
Schlafhygiene – 10 goldene Regeln
Die ersten Tipps, die man bei Schlafstörungen meist erhält, gehören in den Bereich der Schlafhygiene – Verhaltensweisen, die einen gesunden Schlaf unterstützen.
An dieser Stelle möchte ich die wichtigsten der Vollständigkeit halber noch einmal aufführen:
Halten Sie regelmäßige Schlafenszeiten ein.
Schaffen Sie eine angenehme Schlafumgebung.
Begrenzen Sie die Nutzung elektronischer Geräte vor dem Schlafengehen.
Achten Sie auf Ihre Ernährung (nicht zu spät oder zu schwer).
Entwickeln Sie eine entspannende Abendroutine.
Bewegen Sie sich regelmäßig.
Begrenzen Sie tagsüber Nickerchen.
Vermeiden Sie Alkohol und Nikotin.
Verwenden Sie Ihr Bett nur zum Schlafen.
Reduzieren Sie Stress und Sorgen.
Exkurs: Abends zur Ruhe kommen
Wem es schwerfällt, nach einem langen und aufreibenden Tag in die Ruhe zu kommen, kann auf verschiedenste Methoden zurückgreifen, um in die Entspannung zu finden:
Nutzen Sie Entspannungstechniken wie Meditation, Yoga, Progressive Muskelentspannung oder Atemübungen, um Stress abzubauen.
Führen Sie ein Tagebuch, um Ihre Gedanken und Sorgen vor dem Schlafengehenaufzuschreiben und loszulassen.
Hinterfragen Sie Ihre störenden Gedanken: Sind sie realistisch? Wie wahrscheinlich ist es, dass diese Gedanken eintreten?
Akzeptanz: Akzeptieren Sie schlafstörende Gedanken als normalen Teil des Lebens.
Achtsamkeit: Beobachten Sie Ihre Gedanken, ohne sie zu bewerten oder zu bekämpfen.
Bleiben Sie im gegenwärtigen Moment, beispielsweise durch Fokus auf Ihren Atem.
Visualisieren Sie sich an einem entspannenden „Wohlfühlort“.
Machen Sie Atemübungen (min. 2-3 Minuten), z.B. Einatmen durch die Nase und bis 4 zählen – Atem anhalten und bis 7 zählen – Ausatmen durch den leicht geöffneten Mund und bis 8 zählen.
Tiefer einsteigen – die Arbeit mit Unterbewusstsein und Seele
Die folgenden Methoden und Ansätze richten sich eher an Fortgeschrittene und sind in folgenden Fällen geeignet:
für Menschen, die sich schon mit Coaching-Methoden bzw. Methoden zur Persönlichkeitsentwicklung oder Selbstheilung befasst haben
im Rahmen eines Coachings oder einer Therapie mit professioneller Begleitung
Informationen darüber, wie Sie in Eigenregie eine Aufstellung durchführen können, finden Sie in diesem Beitrag.
1. Unterbewusste, blockierenden Überzeugungen
Manchmal wundern wir uns, dass Dinge nicht so funktionieren, wie wir wollen, dabei fokussieren wir uns so fest darauf und entwickeln positive Affirmationen oder Visualisierungen. Und trotz allem geht es nicht vorwärts...
In diesen Fällen ist es gut möglich, dass im Unterbewusstsein Glaubenssätze oder Glaubensmuster existieren, die unsere Ziele verhindern, ihnen eventuell sogar entgegengesetzt sind.
Die häufigsten und wichtigsten darunter sind:
Ich will nicht … (zur Ruhe kommen, einschlafen, tief und fest durchschlafen...)
Ich darf nicht...
Ich kann nicht...
Sowie weitere Abwandlungen dieser Aussagen.
Auf den ersten Blick klingt es vermutlich absurd – warum sollte ich nicht gut schlafen wollen?
Aber oftmals gibt es verborgene Persönlichkeitsanteile in uns, die genau das denken und mit Macht durchsetzen. Beispielsweise aus Angst vor dem Kontrollverlust oder einem Ausgeliefertsein. Denn wer schläft, ist aus evolutionärer Sicht sehr verwundbar.
Und wohlgemerkt – diese Überzeugungen wirken tief im Unterbewusstsein, können durch unseren bewussten, analytischen Verstand in aller Regel nicht erreicht werden und verhindern aber die Lösung unserer Probleme.
Wichtig ist auch zu wissen, dass diese Anteile etwas Gutes für uns bewirken wollen, beispielsweise und schützen und vor Gefahren bewahren. Nur leider schießen sie dabei über das Ziel hinaus...
Wie findet man heraus, ob derartige Glaubenssätze im Unterbewusstsein wirken?
Am einfachsten über einen kinesiologischen Muskeltest, entweder durchgeführt durch einen Therapeuten oder eine Therapeutin, oder mit ein wenig Übung auch als Selbsttest.
Bei einem solchen kinesiologischen Test kann das Unterbewusstsein über eine Muskelreaktion "befragt" werden, wobei zwischen "Ja und Nein" unterschieden werden kann.
Geeignete Varianten für die Selbsttestung, die hier nur ganz kurz erwähnt werden sollen, sind:
Armlängentest: Die ausgestreckten Arme werden vor dem Körper zusammengeführt, so dass die Daumen zueinander kommen. Gleiche Länge der Daumen bedeutet "Ja", ein Versatz zwischen den Daumen ein "Nein".
Ringtest: Daumen und Zeigefingern beider Hände werden zusammengelegt, so dass ein Ring entsteht. Beide Ringe werden miteinander verschränkt und es wird nach dem zu testenden Satz ein wenig Zug darauf gegeben. Bleiben die Ringe verschränkt bzw. stark, bedeutet das ein Ja, lösen sich die Ringe, ein Nein.
Körpertest: Im Stehen wird der zu testende Satz ausgesprochen und darauf geachtet, ob der Körper ganz leicht nach vorne schwingt (Ja) oder zurück (Nein).
Im Internet finden Sie bei Interesse ausführliche Beschreibungen zu den genannten Tests. Beachten Sie aber, dass es in der Regel einige Wochen der Übung und regelmäßigen Anwendung braucht, bis Sie mit einem kinesiologischen Selbsttest zuverlässig arbeiten können!
Alternativ können Sie in sich hineinfühlen, ob diese oder weitere Sätze für Sie stimmig sind.
Wählen Sie dafür einen ruhigen Moment, in dem Sie ganz bei sich sind, schließen die Augen und sprechen den zu testenden Satz aus. Meldet sich in Ihnen ein Widerstand, oder haben Sie das Gefühl, dass der Satz innerlich bejaht wird?
2. Stressfaktoren im Leben minimieren
Wenn wir unter zu viel Stress im Alltag leiden, gerät unser Nervensystem in einen Zustand der permanenten Anspannung. Es wird zunehmend schwieriger, in eine tiefe und erholsame Entspannung zu gelangen. In der Folge leidet der Schlaf, es kommt zu Einschlaf- oder Durchschlafstörungen.
Fragen Sie sich, wie viel Druck und Stress Sie in den verschiedenen Lebensbereichen haben:
Beziehungen
Arbeit
Finanzen
Gesundheit
sonstige Sorgen und Ängste
Überlegen Sie, in welchem Bereich Sie am schnellsten oder effektivsten Entlastung finden können.
Wichtig dabei ist, zu wissen, dass nicht (nur) die Umstände selber, in denen wir leben, uns Stress machen, sondern unsere Bewertung und Interpretation der jeweiligen Situation.
Ein Beispiel: Jemand, der immer wieder Geldnöte hat, kann dadurch einerseits motiviert werden, aktiv zu werden. Er kann Lösungen suchen, sich beruflich verändern, Einsparmöglichkeiten finden. Oder er kann im Gegenteil unter einen großen Leidensdruck geraten und vor existenziellen Überlebensängsten geradezu wie gelähmt sein.
Ob es zu der einen oder anderen Variante kommt, ist abhängig von der Persönlichkeitsstruktur und den inneren – oft unbewussten – Überzeugungen und Bewertungen. Diese sind glücklicherweise grundsätzlich veränderbar und können in positive, unterstützende Glaubensmuster gewandelt werden.
3. Timeline – ab wann wird es schwierig?
Gehen Sie gedanklich die Zeit ab dem späteren Nachmittag in den Abend und die Nacht durch – zu welchen Zeitpunkten kommen Ängste, Erwartungen in Bezug auf die kommende Nacht? Welches sind die Situationen und Momente, die als Störfaktor wirken oder Sie negativ triggern und damit einen sanften und ruhigen Übergang in die Nacht verhindern?
Sie können eine solche Timeline-Arbeit gerne in Eigenregie durchführen, wenn Sie es sich zutrauen und vielleicht schon ein wenig Erfahrung mit ähnlichen Methoden haben. Alternativ können Sie sich Unterstützung holen und sie im Rahmen eines Coachings durchführen.
Eine Timeline können Sie beispielsweise mit Zetteln oder Karten auf dem Boden auslegen, die für verschiedene typische abendliche Situationen stehen (Sonnenuntergang, Abendessen, der erste Gedanke ans Bett/Schlafen, das Abendprogramm im Fernsehen, das Zähneputzen, der letzte Check vom Handy etc.).
Betrachten Sie Ihre Zeitlinie zunächst einmal – was fällt Ihnen auf, was nehmen Sie als Störfaktor wahr? Anschließend können Sie die Zeitlinie entlangwandern und an jeder Karte stehen bleiben. Fragen Sie sich „was für eine Auswirkung hat diese Situation oder dieser Moment auf mein Einschlafen oder meinen Schlaf“?
Möglicherweise erhalten Sie auf diese Weise Erkenntnisse, welche Momente oder Situationen wie eine Weiche wirken und sie „vom richtigen Gleis abbringen - anstatt Richtung Ruhe, Erholung und Schlaf in Richtung Wachsein und nervöse Überaktivität.
4. Die "inneren Saboteure" finden
Ein in Coaching und Therapie häufig verwendeter Ansatz ist die Anteile-Arbeit.
Darunter versteht man das psychologische Konzept, dass es in uns verschiedenste Persönlichkeitsanteile gibt, die in bestimmten Situationen aktiv werden oder aber sich im Hintergrund halten.
Beispiele, von denen viele schon gehört haben, sind der Innere Kritiker oder das Innere Kind.
Letztlich sind diese Inneren Anteile aber nicht festgelegt, sondern können je nach Thema frei benannt werden. Im Falle von Schlafstörungen beispielsweise:
der Anteil, der mich abends nicht zur Ruhe kommen lässt
der Anteil, der mich nachts/frühmorgens weckt
der Anteil, der verhindert, dass ich erholsam schlafe
Und so weiter.
Wissenswert zu diesen Anteilen ist, dass egal, wie störend sie sind oder wie negativ sie sich auswirken, sie im Kern eine positive Absicht verfolgen! Nur leider beruht diese positive Absicht oftmals auf inneren Missverständnissen o.ä. und ist für Sie gar nicht so positiv.
Ein Beispiel: Möglich wäre, dass ein unterbewusster Anteil in Ihnen Sie abends nicht einschlafen lässt, weil er der Meinung ist, dass es gefährlich sein könnte, zu schlafen und dabei die Kontrolle über seine Sicherheit aufzugeben.
Wie arbeitet man mit Inneren Anteilen?
Geeignet sind hierbei verschiedenste Methoden aus dem Bereich des Systemischen Coachings bzw. der Systemischen Therapie, beispielsweise:
Aufstellungen mit Bodenankern
2-Stühle-Technik
Zeichnungen (vgl. Inneres Team und Innere Bühne nach Schulz von Thun)
„Den Dämonen Nahrung geben“ (ein buddhistischer Ansatz)
Informationen zu Systemischen Methoden finden Sie in diesem Blogbeitrag oder in diesem.
Ziel ist es, mit dem bislang unterbewusst agierenden Inneren Anteil in Kontakt zu treten, zu erfahren, warum er so agiert, wie er es tut, und dann Lösungswege zu finden, damit Sie und der Innere Anteil gleichermaßen zufrieden sind (d.h., das Problem kleiner wird oder ganz abklingt).
5. In die Tiefe tauchen – Hypnose zur Schlafverbesserung
Hypnose ist eine ausgesprochen wirkungsvolle und gleichzeitig sanfte Möglichkeit, um Ursachen anzugehen, die nicht mit dem bewussten Verstand lösbar sind, sondern im Unterbewusstsein verborgen sind.
Bei Schlafproblemen kann sie helfen, zum einen das gestresste Nervensystem wieder in einen entspannten Zustand zu bringen, zum anderen die Ursachen für die Schlafstörungen zu behandeln.
Wenn Sie sich für Hypnose interessieren, empfehle ich Ihnen folgende Blog-Beiträge, um sich weitergehend zu informieren:
Fazit
Schlaf ist einer der größten Faktoren, der Wirkung auf unsere Lebensqualität und Leistungsfähigkeit hat.
Gleichzeitig sind verschiedene innere und äußere Faktoren nötig, damit er gut gelingt.
Wenn durch Stress oder ungünstige Lebensgewohnheiten der innere Schlafrhythmus „aus dem Takt“ gerät, stehen neben den klassischen Behandlungsansätzen eine Reihe weitere zur Verfügung, damit der Schlaf wieder gelingt.
Ich wünsche Ihnen erholsame Nächte und unterstütze Sie gerne beim Herausfinden und Lösen Ihrer persönlichen Schlafblockaden!
Herzlichst,
Ihre Bettina Grill
Titelbild von Piyapong Saydaung auf Pixabay
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